Curacao. Sonneninsel in der Karibik
oder
der mit den Delfinen schwimmt.

 

 

2006-04-08

 


























































































































































Der erste Weltcup 2006 begann eigentlich schon auf Mallorca zur ersten Anpassung an die hohen Temperaturen auf Curacao.

Am Sonntag Abend dem 26.3. begann dann die lange Reise in die Karibik. Von Palma ging es erst einmal nach Frankfurt, wo wir im Sporthotel beim BDR noch ein paar Stunden schlafen konnten. Allerdings nicht wirklich lange, denn wir mussten um 5 Uhr am nächsten Tag wieder aus den Federn und zum Flughafen. Der Flug nach Amsterdam verlief problemlos und wir hatten jetzt noch genügend Zeit die Räder zu holen und bei KLM einzuchecken.

Dachte ich. Da die Maschine von Frankfurt nach Amsterdam zu klein war, um alle Bikes mit an Bord zu nehmen, wurden sie vom Mechaniker und vom Physio der Nationalmannschaft mit dem Transporter nach Amsterdam gebracht.

Die beiden sind quasi nonstop unterwegs gewesen um rechtzeitig anzukommen. Beim einchecken begann dann das Drama. Die Bikes waren zwar angemeldet, aber wir hatten keine Informationen über irgendwelche Gewichtslimits. Das war das Problem. Pro Person eine Tasche mit maximal 20 kg, meine hatte 24 kg, und ein Fahrrad darf ebenfalls max. 32 kg wiegen damit es überhaupt mit in das Flugzeug darf, meins wog 40! Jetzt hieß es Gewichtstuning zu betreiben und alles was nicht wirklich notwendig war da zu lassen. Knapp 10 kg konnte ich die Radtasche noch abspecken. Doch wo hin mit dem Krempel. Also nochmal zum Transporter, der mittlerweile auf dem weit entfernten Parkplatz stand. Zurück am Schalter ging die Diskussion um das zu bezahlende Übergepäck weiter. Am Ende half alles nix und das Plastikgeld musste zum Einsatz kommen. 255 Euro nur für den Hinflug musste ich bezahlen. Aua! Der Flug war lang aber ok. Nach 10 Stunden mit einem kurzen Zwischenstop auf Aruba, landeten wir auf Curacao. Die Tür des Fliegers ging auf und eine Welle aus feuchtwarmer Luft schwappte uns entgegen.

Nachdem das ganze Gepäck mehr oder weniger abenteuerlich im Shuttlebus verstaut war, ging es zum Lions Dive Hotel. Nach einem guten Essen wehrte ich mich noch bis 22 Uhr vor den immer öfter auftretenden Schlafattacken und ging dann völlig kaputt ins Bett.

Am nächsten Morgen erwartete mich ein tolles Frühstück am Pool des Hotels mit traumhaftem Blick auf die karibische See.

Nachdem ich das Rad aus der Tasche geschält hatte, ging es dann auch gleich mit meinen Teamkollegen auf die erste Trainingsfahrt. Bart wollte uns eine schöne Bucht zeigen. Nach 50 min mit starkem Rückenwind erreichten wir unser Tagesziel und der Anblick der sich uns bot raubte mir fast den Atem. Weißer Strand und türkisfarbenes Meer, welches nach 20 Metern in ein tiefes Dunkelblau wechselte. Auf den hohen Felsen hinter dem Sandstrand kletterten Leguane herum und wärmten sich in der karibischen Sonne. Hier war definitiv ein schöner Platz zum Urlaub machen.
Leider war die Fahrt zurück weniger entspannend, denn der Wind blies so stark, dass wir richtig kämpfen mussten.

Der nächste Tag begann weniger erfreulich. Wir saßen am Frühstückstisch, als Emil Lindgren völlig planlos in Radklamotten am Strand rumlief. Zuerst dachten wir er sei auf der Strecke gestürzt, aber es stellte sich heraus, dass er überfallen wurde. Drei Gangster haben ihm aufgelauert und bei voller Fahrt vom Rad geschlagen, das Rad weggenommen und ihn verprügelt. Shit!
Das sorgte natürlich erst einmal für heftige Diskussionen bei der Organisation und man beschloss, die Strecke bewachen zu lassen um die Sicherheit während des Trainings zu garantieren.

Um 10 Uhr gingen wir dann ebenfalls auf den Kurs. Nach der ersten Runde wäre ich am liebsten wieder heim gefahren. Ich hatte sofort einen Platten und fühlte mich überhaupt nicht wohl auf dem Kurs. Nach der zweiten Runde ging es schon besser und in der dritten hatte ich den nächsten Plattfuß. Die Strecke ist extrem unrhythmisch und man muss sich immer zu 100 Prozent konzentrieren. Einmal von der Ideallinie abgekommen, rutscht man unweigerlich weg. Es ist als würde man auf Kugellagern fahren, zusätzlich wird die extreme Hitze beim Rennen ebenfalls ihre Opfer fordern.

Am Donnerstag besuchte ich die anderen der Nationalmannschaft, die ein bisschen weiter entfernt von der Strecke ihr Quartier hatten. Alles in allem ein schöner Ruhetag mit viel Strand, Sonne und Meer.

Der Freitag begann nicht so toll, ich bin Schweiß gebadet aufgewacht und vom Gefühl her ging es mir schlechter als die Tage zuvor. Nur ein ziemlich starker Kaffee brachte mich so halbwegs auf Touren. Um 11 Uhr ging ich gemeinsam mit den anderen Teamfahrern auf die Strecke um mir den Kurs noch einmal locker anzuschauen und auf einer zweiten Runde die Beine anzutesten. Gemeinsam fuhren wir los, aber Bart und Roel waren mal wieder nicht zu zügeln und verschwanden nach wenigen Minuten am Horizont.

Die Strecke kam mir plötzlich gar nicht mehr so ätzend vor und ich fand schnell einen guten Rhythmus in den Singletrails. Ende der ersten Runde hatte ich einen Kettenklemmer und verbog mir den Umwerfer. Also zurück ins Hotel zum Mechaniker. Da unser eigener Mechaniker nicht mit dabei sein konnte wurden wir von Frank Trotter (Giant Amerika) betreut. Der Mann leistet wirklich erstklassige Arbeit und hatte mein Problem schnell gelöst. Nach einer weiteren Runde die ich gemeinsam mit Merida Fahrer Moritz Milatz fuhr, hatte ich ein gutes Gefühl für den nächsten Tag und war bereit für den Weltcup Auftakt.

Den Rest des Tages verbrachte ich damit die Speicher zu füllen und so wenig Energie wie möglich zu verbrauchen.

Der Tag der Wahrheit, heute werden die Karten auf den Tisch gelegt und es gibt keine Ausreden mehr. Ich bin aufgewacht wie am Tag zuvor, völlig gerädert, aber gestern hat es mir auch nichts ausgemacht und so war ich guter Dinge. Um 10 war der Start der Frauen und ich schaute mir die Startphase der Mädels genau an um für mich die beste Linie zu finden. Danach noch ein Teller Nudeln und die üblichen Rennvorbereitungen.

Bei der Hitze war das Warmfahren eher zweitrangig. 20 Minuten vor dem Start beginnt das Call-Up und die Fahrer werden einzeln aufgerufen und fahren aus der Startbox zur Startlinie, die sich auf einem riesigen Schotterparkplatz befand. Wenn später 120 wild gewordene Biker über diesen Platz donnern, wird es ziemlich staubig werden.

Kurz vor dem Start wird bekannt gegeben, dass die am Vortag bei der Teamsitzung angesetzten 7 Runden wohl doch zu viel sind und das Rennen auf jetzt 6 Runden verkürzt wird.

Eine Minute bis zum Start. Alles ist still. Der Startschuss erfolgt und die Meute hetzt los. Nach 100 Metern schwebt bereits so eine Staubwolke über dem Feld, dass man die Fahrer vor sich nur noch schemenhaft erkennt. Ein guter Start für mich, denn nach der Startloop bin ich direkt hinter Jochen Käß auf Platz 20. Rein in den ersten Singletrail und erst einmal Luft holen. Das Gedränge ist groß und überholen kann man hier eh nicht.

Raus aus dem Singletrail und mit hoher Geschwindigkeit weiter. Und dann passiert es. In einer schnellen Linkskurve komme ich nur wenige Zentimeter von der idealen Linie ab, in loses Geröll und schon schmiert mir das Vorderrad weg. Ich stürze und der Lenker schlägt über das Oberrohr. Bis ich wieder auf dem Rad bin habe ich 15 bis 20 Positionen verloren. Beim Sturz hat es mir die Schalteinheit und das Hörnchen nach oben gebogen und ich brauche ein Tool um dies wieder in die richtige Position zu bringen. Ich fahre weiter bis zum Ziel und halte an der Shimano Tech Zone. Ich brauche nur einen 4 mm Inbus Schlüssel und dann könnte es schon weiter gehen. Denkste. Der Shimano Mechaniker versteht erst gar nicht was ich will und braucht dann ewig bis er sein Werkzeug hat, welches sich noch schön säuberlich verpackt in einem Koffer befindet. Ich wäre fast ausgerastet, und das passiert nicht oft, denn während ich auf das Tool wartetet schossen weitere Fahrer an mir vorbei. Nach viel zu langer Zeit hatte ich mein Bike repariert und eine Mords Wut im Bauch. Die Aufholjagt begann. Das Feld war schon weit auseinander gezogen und es dauerte bis ich einige Positionen gut gemacht hatte. Aber ich hatte meinen Rhythmus wieder gefunden und es ging vorwärts. Kurz vor einer Laufpassage schaltete ich auf das kleine Blatt und da passierte es. Chain suck und der Umwerfer verdrehte sich. Also runter vom Bike und die Bleche so hin biegen, dass sich die Kurbel wieder dreht. Der ganze Umwerfer ließ sich nur mit Werkzeug wieder hindrehen und das hätte dann zu lange gedauert. An richtiges Schalten war jetzt nicht mehr zu denken und ständig zog es mir die Kette hoch. Ich weiß nicht mehr welche Position ich zu diesen Zeitpunkt hatte und wollte auch nur noch einigermaßen ins Ziel kommen um in Madrid nicht ganz hinten zu stehen. In der letzten Runde konnte ich sogar noch 5 Fahrer überholen und wurde schließlich 37.

Das Ziel befand sich direkt am Strand und viele der Fahrer schwammen schon in voller Montur im Wasser. Ich begab mich ebenfalls ins kühle Nass um den überhitzten Motor wieder auf Betriebstemperatur zu bringen. Nachdem mich Erhard Goller zum Rennen befragt und ich Bart zu seinem Sieg gratuliert hatte, machte ich mich auf den Weg ins Hotel.

Das Rad übergab ich Frank Trotter zur Reinigung und zum durchchecken. Als ich das Rad später am Abend wieder hole, winkt er mir mit dem kaputten Umwerfer entgegen. Die beiden Leitbleche hat es beim Chain suck während des Rennens auseinander gerissen. Egal, das Rennen ist vorbei und in Madrid wartet die nächste Chance.

Das Rennen ist vorbei die Party beginnt! Nach einem extrem guten Abendessen im Mambo Beach Club ließ ich den Tag mit Kaltgetränken und etwas Tanz ausklingen. Ja, es hat gerockt!

Am Sonntag stand etwas ganz besonderes auf dem Programm: Schwimmen mit Delfinen!

Genau, direkt beim Hotel gibt es ein Aquarium mit einer Delfinstation. Dort werden sonst geistig und körperlich behinderte Kinder mit Hilfe der Delfine therapiert. Bart kannte den Leiter der Station gut und organisierte für das ganze Team einen Dolphin-Swim.

Darauf freute ich mich schon die ganze Woche, denn das war schon immer ein Traum von mir. Morgens ging es dann los. Wir bekamen Flossen und Amy, die Delfin Trainerin, stellte uns ihre beiden Schützlinge vor. Gigi, 23 Jahre alt und ihr Sohn Papito 1,5 Jahre alt.

Zuerst bekamen wir erklärt, wo wir die Delfine berühren dürfen. Absolut tabu sind das Blasrohr, die Augen und das kleine Ohr. Ansonsten ist alles ok und sie meinte noch, je ruhiger wir im Wasser sind umso zutraulicher sind die beiden. Also, ab ins kühle Nass. Nachdem wir uns etwas vom Rand des Beckens entfernt hatten, kamen die Delfine auf ein Kommando ihrer Trainerin zu uns geschwommen und wir konnten sie berühren und streicheln. Die haben unglaublich weiche Haut und ich fühlte mich in Ihrer Gegenwart total entspannt und hatte ein Dauergrinsen im Gesicht. Amy zeigte uns welche Zeichen wir geben mussten um die Delfine zu kleinen Showeinlagen aufzufordern. Wenn man mit der Hand ein Peace-Zeichen macht und sie hin und her bewegt, dann fangen sie an laut zu kichern, oder man dreht eine Schraube und sie machen das gleiche. Einfach überwältigend. Zum Abschluss gab es noch ein paar Sprünge zu sehen und erst jetzt wurde uns bewusst wie groß die Tiere eigentlich sind.

Die halbe Stunde mit den Delfinen war leider viel zu schnell vorbei und ich glaube, das gehörte mit zu den schönsten Erlebnissen die ich bisher hatte.

Der Montag Morgen begann besch... Ich hatte Gliederschmerzen, Kopfweh und Fieber. Das konnte ja heiter werden auf dem Heimflug.

Um 16:30 ging der Transfer zum Flughafen und mir ging es nicht besser. Zum Glück gab es diesmal keinen Ärger wegen des Übergepäcks. Nach einem krassen 8 Stunden Flug, bei dem ich die ganze Zeit mehr oder weniger dösend im engen Sitz hing, landeten wir in Amsterdam. Jetzt hatten wir 4 Stunden Aufenthalt bevor es weiter nach Frankfurt ging. Dort nahmen Jochen und ich uns einen Mietwagen und er brachte mich nach Hause. Jetzt wollte ich nur noch ins Bett und schlafen. Am nächsten Morgen bin ich mit 40 Grad Fieber aufgewacht und nachdem ich Olaf Schumacher und meinen Hausarzt kontaktiert hatte ging es ab in die Klinik. Dort wurde ich erst einmal komplett auf Malaria, Dengue-Fieber und andere tropische Krankheiten untersucht. Zum Glück waren alle Tests negativ, aber ich blieb für die Nacht im Krankenhaus und bekam eine Infusion nach der anderen.

Am Tag darauf war das Fieber unter Kontolle und mittags durfte ich wieder nach Hause. Glück gehabt. Es war nur ein „normaler“ Infekt.

Allerdings fallen die beiden Rennen in Italien damit für mich flach und mein nächster Einsatz wird erst der Straßen-Klassiker Schönaich, den ich schon einmal gewonnen hatte, am Ostermontag sein.


Bilder: Barry Brown